in zeiten eines tagebuches – Teil 1
Ein Text von Brigitte Krech
in zeiten eines tagesbuches
23. März 2019, Samstag
Die Chinesen wollen in Italien Häfen ausbauen. Im Fitnessstudio gestern Abend war Feueralarm. Heute riecht es nach nichts mehr. Später im Botanischen Garten. Ein Mann sitzt Seite an Seite eines Tulpenfeldes. Eine einsame Plastikflasche steht halbgefüllt auf dem Hauptweg. Die Rosskastanie blüht. Wie kleine Trauben sind die Blüten. Später im Eissalon stehen viele Menschen. Warten.
24. März 2019, Sonntag
Das Mobiltelefon spielt ein Lied. Das 1. Mal um 6.30 Uhr. Im Intercity nach Wiener Neustadt. Dort vor dem Café. Gegen 10.00 Uhr morgens trinkt ein Gast ein großes Bier. Später ein Spaziergang mit D. im Burgenland. Im Badesee, der vom Winterschlaf kaum Wasser trägt, laichen Frösche. Im Café des Campingplatzes jammern 7 Männer an 3 Tischen verteilt über das Leben und streiten mit Nachbarn, die nicht da sind. Am Nachmittag fahre ich mit der blauen Vespa ohne Namen nach Sopron. Dort esse ich ein Tortenstück. Rabenschwarz. Aus Blaubeeren und Mohn. Der alte 1000,- Forint-Schein wird nicht mehr angenommen. Der muss nach Budapest gebracht werden zur Nationalbank. Der Wind pfeift. Am Helm entlang. Der Wind streichelt. Die Blätterknospen am Wegesrand. Die Sonne verabschiedet sich als rotgelber Ball am Horizont.
In der Nacht wache ich auf aus einem Traum. Im Traum spricht sich eine Sprache, die ich nicht verstehe. Es ist ein Monolog. Es ist der Nachbar, der schnarcht.
1. April 2019, Montag
Mir fällt kein guter Aprilscherz ein.
4. April 2019, Donnerstag
Ich gehe an einem koscheren Supermarkt vorbei. Zur linken Seite eine Tanzschule. Tanzsportklub J. Treffen mit B. in einem Cevapcici-Grill in Richtung Nordbahnhof auf der rechten Seite der Taborstraße.
Im Grill wird geraucht. 3 behäbige, aus Baumstämmen geschlagene kleine Tische. Die Stühle sind schwer mit einem falschen Fell belegt. Getränke werden vom Gast selbst aus dem Kühlschrank genommen. Zwei Männer arbeiten am Tresen. Eine Frau bringt immer wieder vorbereitetes Fleisch aus einer versteckten Küche zum Braten. Zwei Männer bringen eingelegte Kartoffeln und Salat aus rohen Zwiebeln und Kraut. Spaziergang zurück.
5. April 2019, Freitag
Menschen lassen sich im Stahlkostüm drehen. Das Praterrad spricht nicht. Die Welt spricht. Die Gummisohlen der Halbschuhe flüstern leise Töne. Die harschen Hufen vom Fiaker 137 klacken aus der Ferne schon. Hundegebell mischt sich in allen Schattierungen. Bis auch diese Töne auseinandergehen. Schattenlicht zieht sich durch die Bäume. Einige Straßenlaternen erzeugen ein grünlich-schimmerndes Licht.
Eine Runde mit dem Praterrad geht immer zu Ende.
Brigitte Krech ist Wahlwienerin. Arbeitet im internationalen Umfeld. Studierte Geografie, Politik, BWL, Osteuropastudien in Heidelberg, London, Mannheim und Budapest. Hobbies: Lesen, Wandern, Reisen, Schreiben, Radfahren.
Brigitte Krech ist Absolventin des Lehrgangs Schreibpädagogik 2018/ 2019.