Literarisch kann ich machen, was ich will!
Ein Interview mit Eva Woska-Nimmervoll
Eva Woska-Nimmervoll ist eine von drei Autorinnen, welche die Literatursalon-Saison des BÖS am 12. September eröffnen. Uns hat sie erzählt, welchen Stellenwert die Ausbildung zur Schreibpädagogin für ihre Textprozesse hat.
BÖS: Worin besteht für dich der Unterschied zwischen Literarischem und Textarbeit?
Eva Woska-Nimmervoll: Die Textarbeit ist immer mit einem Auftrag und den Interessen anderer verbunden. Kreativität ist zwar gefordert, aber eben mit gewissen Zielen und innerhalb bestimmter Grenzen. Literarisch kann ich machen, was ich will! Weil ich aber gewohnt bin Texte im Auftrag anderer zu schreiben und deren Vorgaben zu beachten, fällt es mir auch manchmal leicht literarisch kreativ zu sein, wenn jemand mir ein Thema, Zeichenzahlen und eine Deadline hinknallt 🙂 Oder anders gesagt: Das Korsett der Textarbeit ist eng geschnürt; literarische Ausschreibungen und Wettbewerbe hingegen sind eher wie flatternde Kleider, die ich anziehen kann, wenn ich das Gefühl habe, dass sie mir passen.
BÖS: Inwieweit hat die Schreibpädagogik dein Verständnis von Text in jeglichen Kontexten verändert?
Eva Woska-Nimmervoll: Beim BÖS hab ich das Schreiben, den Schreibprozess und das Medium Text von vielen Seiten betrachtet – und viele, Großteils unbewusste Grenzen im Kopf mal ganz locker spielerisch überschrieben. Auch vom Setting her: Ich war ganz erstaunt, dass es mir gelungen ist mit einer Zeitvorgabe von 20 Minuten tatsächlich einen brauchbaren Rohtext zu produzieren. So etwas schaffe ich allein gar nicht, weil ich sonst entweder zu ungeduldig oder viel zu abgelenkt bin. Aber klar ist: Wenn ich es dort schaffe, schaffe ich es auch anderswo. Das gibt mir enorm viel Sicherheit. Was ich beim BÖS gelernt habe, begleitet mich vor allem beim literarischen Schreiben, wo ich jetzt mehr ausprobiere – und auch besser erkennen und begründen kann, warum Texte – eigene oder fremde – literarisch für mich wertvoll sind. Früher konnte ich vielleicht sagen, dass mich ein Text sehr beziehungsweise gar nicht anspricht, aber heute weiß ich auch, warum. Aber auch beim Unterrichten – „Text-Workshop“ an der FH Wien der WKW –, wo ich ja ständig Feedback geben muss, fällt mir das leichter. Mein Gespür für textliche Qualität hat sich durch die Schreibpädagogik eindeutig verbessert.
BÖS: „Heinz und sein Herrl“ ist 2019 erschienen. Warum hat sich die Katzenbesitzerin für einen Hunderoman entschieden?
Eva Woska-Nimmervoll: Eine lustige Frage! Der Hunderoman ist ja eigentlich keiner. Der Hund ist zwar extrem wichtig für den Verlauf der Story, aber es ist nicht seine Geschichte, die erzählt wird. Als ich die ersten Texte, die Vorläufer des Romans, verfasst habe, war ich ja weder Hunde- noch Katzenbesitzerin. Aber mich hat das Verhältnis Mensch-Tier interessiert. Und der Hund ist dramaturgisch für mich interessanter gewesen, da er es ja ist, der sein Herrl quasi hinaus in die Welt zieht. Eine Katze würde das nicht tun. Entweder sie denkt sich: „Wenn der Mensch drin bleiben will, soll er halt.“ Oder sie ist ohnehin eine Wohnungskatze, die gar nicht raus darf. Ich wollte aber eine Geschichte haben, bei der es der Hund ist, der dank seiner Aktionen dem Besitzer den Weg ins Leben und die Welt da draußen nicht erspart. Unbewusst hat sich mein Protagonist ja auch deshalb einen Hund angeschafft – damit der ihn vor die Tür jagt.
BÖS: Die unvermeidliche Frage zum Schluss: Woran schreibst du literarisch gerade?
Eva Woska-Nimmervoll: Ich habe einen neuen Roman in Arbeit, der sich um einen Musiker und seine depressive Freundin dreht, die sich in einen Flüchtling verliebt. Im Augenblick schreibe ich aber weniger und recherchiere mehr. Dazwischen bastle ich mit meinen Kühlschrank-Magneten relativ spontane Lyrik unter dem Titel „Gedanken einer Einhornprinzessin“ und veröffentliche Fotos davon auf Facebook unter #kühlschrankpoesie.
August 2020
Der Literatursalon mit Eva Woska-Nimmervoll, Angelika Reitzer und Dine Petrik findet am 12. September 2020 um 19:00 Uhr im BÖS-Atelier statt. Obligatorische Anmeldungen unter office@boesmail.at
Foto: Gertraud Klemm