Identität – ein Würfelwurf
Eine Besprechung von Brigitta Höpler
Zur Ausstellung von Gertrude Moser-Wagner im BÖS Atelier
Nach zwei Jahren Pandemiepause gibt es im BÖS Atelier rund um den Frühlingsliteratursalon endlich wieder eine Ausstellung: Identität – ein Würfelwurf, Arbeiten von Gertrude Moser-Wagner. Die Ausstellungen im BÖS loten den Bereich Sprache als Kunst aus: bildlicher Umgang mit Sprache, sprachlicher Umgang mit Bildern – und alles dazwischen. Nach Alain Barbero, Brigitta Höpler, Herbert Wimmer und Erika Kronabitter zeigt jetzt Gertrude Moser-Wagner Zeichnungen und Collagen.
Die Künstlerin ist im BÖS bestens bekannt, – als special guest im Lehrgangsmodul 6 „Sprache als Kunst“ erzählt sie über ihre medienübergreifenden Projekte. Sie arbeitet interdisziplinär, oft auch ortsbezogen in den Bereichen Fotografie, Video, Konzeptkunst, Sprache, Wissenschaft, künstlerische Forschung und poetische Intervention. Sie verbindet, vernetzt, durchbricht, entdeckt, verwandelt, kuratiert, initiiert.
Im BÖS Atelier zeigt sie sechs konzeptuelle Zeichnungen aus der Serie Identität – ein Würfelwurf, entstanden 2015 unter dem Eindruck der ersten großen Fluchtbewegung. Es geht um die Sprache der Kleidung, den Dresscode, und Wegfallendes bei Vertreibung und Flucht. Das Zentrum jedes Blattes, gewissermaßen seine ID, bildet eine Handzeichnung, ein mit Schablonen übereinandergelegtes Geflecht, das an Zellstrukturen erinnert. Dazu ist ein Gedicht aus wegfallenden Buchstaben im Minusformat geschrieben, KLEID_LEID_EID_ID. Dreidimensionale Collage aus der Serie GIULIA FA LA STORIA/JULIA MACHT GESCHICHTE beziehen sich auf ein Projekt 2015 in Rom, eine Suche nach Frauenpersönlichkeiten namens GIULIA/JULIA und Antworten auf die Frage, wie Geschichte gebildet wird. Aus dem Jahr 2021 sind zwei Selbstporträts – eine Frau, die den Kopf aus der Schlinge zieht. Möge uns das allen immer wieder gelingen!
Die Ausstellung ist bis Ende Juni zu sehen.
Fotos: Peter Bosch