an den hunden erkennst du die zeiten – Christoph W. Bauer
Eine Rezension von Cornelia Stahl
Ich sehe meine Arbeit generell als eine, die an andere erinnert, sagt Christoph W. Bauer im Interview und zitiert den verstorbenen Autor Gert Jonke, dem er im aktuellen Lyrikband ein Gedicht gewidmet hat, S.25:
wie aufhören und wo oft ging er
stundenlang im zimmer auf und ab
Man spürt es in jeder Zeile und in den Zwischenräumen: Dieses Unterwegs-Sein, in sich selbst, in den Zeiten der Vergangenheit und Gegenwart, und in Landschaften, andernorts.
Bauer karikiert in seiner Lyrik den Zeitgeist, insbesondere den umworbenen Kunst- und Expert*innenmarkt, der mitunter befeuert, eigenen Meinungen zu misstrauen. S.9:
da ist zu viel zwang in den zeichen zu viel
künstlichkeit im ausdruck eine kapitulation
vor der außenwelt
Im Unterwegssein und auf Reisen referiert der Autor auf Orte wie Klagenfurt, S.15:
klagenfurt mal wieder ich suche
nach worten und finde ein staunen
im gesicht des polizisten
Ein Aufsuchen der Heimat, ein Ringen nach Worten in einer Gegend, in der der gebürtige Kärntner in den letzten Jahren wiederholt verweilt.
Wege verzweigt. Christoph W. Bauers Lyrikdebüt (1999) gab den Rhythmus vor für nachfolgende (Schreib)Jahre, ein Widersetzen gegen den Gleichklang, ein roter Faden, der auch im aktuellen Lyrikband leuchtet und nachhallt, S.43:
An caesarea vorbei zum x‑ten mal wird dir klar
wohin auch immer du dich verabschiedest in
vermeintlicher fremde du läufst in spurrinnen
Wege verwirren mitunter. Auf einer Autofahrt bündeln sich Gedankenströme, verstricken das lyrische Ich. S.43:
zwischen haifa und tel aviv ließ
der verlängerte arm roms die stadt errichten (…)
so unwohl fühlst du dich in der herkunftshaut.
Noch einmal hält der Autor Rückschau, memoriert Schuljahre, in denen Lehrer nach Kindern wie nach Hunden pfiffen (S.81).
Christoph W. Bauer beschert uns mit seinem aktuellen Lyrikband einen wachen Blick auf Vergangenheit und Gegenwart, sarkastisch und humorvoll, niemals jedoch verbittert.
Cornelia Stahl, Juni 2022
Für die Rezensionen sind die jeweiligen VerfasserInnen verantwortlich.
Christoph W. Bauer: an den hunden erkennst du die zeiten
Innsbruck: Haymon 2022
104 Seiten
19,90 EURO
ISBN 978–3‑7099–8160‑3
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