Erika Danneberg. Schriftstellerin • Psychoanalytikerin • Friedensaktivistin – Christine Riccabona
Eine Rezension von Kathrine Bader
Die Suche nach Zugehörigkeit
So könnte die Biografie Erika Dannebergs, die heuer 100 Jahre alt geworden wäre, überschrieben sein. In fünf Kapiteln zeichnet Christine Riccabona das Leben dieser bemerkenswerten Persönlichkeit nach. Das Buch beginnt mit den Jugendjahren Dannebergs, die durch die Schrecken des Zweiten Weltkriegs geprägt sind, der auch ihr späteres Denken, Fühlen und Schaffen beeinflusst. Da ihr ursprünglicher Berufswunsch nicht in Erfüllung geht, beschreitet sie einen anderen Weg und wagt sich an erste literarische Versuche. Da ihr die Fortsetzung des nebenbei begonnenen Psychologiestudiums verwehrt wird, weil sie „in politischer Hinsicht keinerlei Einsatz“ zeigte, kann sie es erst nach Kriegsende fortsetzen.
1947 lernt sie ihren Mann kennen: den aus dem Exil remigrierten jüdischen Schriftsteller und Literaturvermittler Hermann Hakel. Einerseits aus einem Minderwertigkeitsgefühl ihm gegenüber, andererseits aus Zeitmangel, weil sie ihren Mann tatkräftig – und unentgeltlich – unterstützt, stellt sie ihr eigenes literarisches Schaffen hintan. Lange Zeit das Idealbild von Ihrem Gatten aufrechterhaltend, zerbricht diese Ehe.
Sie unterzieht sich einer Psychoanalyse und wird schließlich selbst Lehrtrainerin und gründet eine eigene Praxis, wobei sie ihren Schwerpunkt besonders auf Gruppentherapie legt.
Sie tritt dem „Arbeitskreis schreibender Frauen“ bei, welcher der KPÖ nahesteht. Hier fühlt sie sich erstmalig wirklich heimisch. Eine zweite schwierige Beziehung mit dem Schriftsteller Friedrich Polakovics endet 1977. Andere Freundschaften halten dagegen lebenslang, vor allem zu Frauen, aber auch zu Berthold Viertel, als dessen Sekretärin sie arbeitete.
Ihr mutiges Engagement für die sandinistische Befreiungsbewegung Nicaraguas mündet in lange Aufenthalte in diesem Land, die ihre Autorenschaft wieder befeuert: Sie veröffentlicht zahlreiche politische Gedichte, kritische Artikel und Bücher, darunter ihr Hauptwerk „Wie leistet man Widerstand?“
Die Biografie rollt nicht nur Dannebergs Leben auf, sondern gewährt auch Einblick in die, auch politisch motivierten, Machenschaften des Literaturbetriebs der Nachkriegszeit. Für ihre Recherchen standen der Autorin zahlreiche Dokumente aus dem Nachlass Dannebergs zur Verfügung, der im Forschungsinstitut Brenner-Archiv in Innsbruck verwahrt wird. Auch die zahlreichen Abbildungen und Fotos stammen aus dieser Quelle. In den Text sind auch Originalzitate aus den akribisch und bereits in früher Zeit mit analytischem Blick verfassten Tagebüchern eingeflochten. Die Fußnoten liefern weitere Hintergrundinformationen.
Das Buch spricht nicht zuletzt wegen seiner ästhetischen Gestaltung an. Zwischen den Kapiteln sind auf farbigem Papier Gedichte und andere Texte Dannebergs abgedruckt.
Zeitgleich zu Christine Riccabonas Biografie ist die ebenso lesenswerte literarische Verarbeitung von Dannebergs Leben „Wolfs Tochter” von Erika Wimmer erschienen.
Kathrine Bader, im Juni 2022
Für die Rezensionen sind die jeweiligen VerfasserInnen verantwortlich.
Christine Riccabona: Erika Danneberg. Schriftstellerin • Psychoanalytikerin • Friedensaktivistin
Innsbruck: innsbruck university press 2022
220 Seiten
22 EUR
ISBN: 978–3‑903539–11‑2
Mehr zum Verlag
Mehr zum Buch
Mehr zur Autorin
Mehr zur Rezensentin
Hinweis:
Ein Gespräch Wimmer Mazohls und Christine Riccabonas über Erika Danneberg