Die Eistau­cher – Kaśka Bryla

Eine Rezen­sion von Cornelia Stahl

Ringen um Selbst­fin­dung und Gerechtigkeit

Miss­brauch, Schuld und Trau­ma­ti­sie­rung. Gleich mehrere Themen verhan­delt Kaśka Bryla in ihrem zweiten Roman.
Eine Clique Jugend­li­cher in den 1970er Jahren verbringt viel Zeit mitein­ander, inner- und außer­halb der Schule. Da ist Iga, die Skaterin, die schöne Jess und Rasputin, der einfach nur Ras genannt wird. Und Saša, der schon studiert. Sie schließen Freund­schaft  und nennen sich „Die Eistau­cher“, verbünden sich mit der „Avant­garde“, den zwei „Dich­tern“ in der Klasse, Sebas­tian und Rilke-Rainer. Ihr Ziel? Welt­ret­tung, und zwar mit Hilfe der Poesie unter dem Postulat „Ohne Poesie keine Welt“ (erin­nert an „Poeti­siert euch!“, die Kampagne eines Berliner Verlages 2015). Im Fokus des Romans steht die Selbst­fin­dung der jeweils queeren Personen. . 
Eines Tages betritt die junge Fran­zö­sisch­leh­rerin Frau Fell­baum die Privat­schule und Iga verliebt sich in sie. Doch auch Saša ist in Iga verliebt. Alles gerät durch­ein­ander.
Iga wunderte sich über die Bibel, „die auf Sašas Küchen­tisch lag“, S.231.
Als die Clique einen brutalen poli­zei­li­chen Über­griff beob­achtet, bei dem ein Mädchen verge­wal­tigt wird und der Fall folgenlos bleibt, beschließen die Freunde, selbst für Gerech­tig­keit zu sorgen. „Sie muss ins Kran­ken­haus“, hörte er Jess sagen, S.287.
Nach zwanzig Jahren taucht plötz­lich ein Fremder auf und erzählt, wie es damals mit der Clique weiter­ging.
Kaśka Bryla, geboren in Wien, erzeugt gekonnt atmo­sphä­ri­sche Span­nung. Ihre multi­per­spek­ti­vi­sche Erzähl­weise zoomt uns näher an die Prot­ago­nis­tInnen heran, ermög­licht Nähe und Iden­ti­fi­ka­tion. Die Fülle an Hand­lungen verdichtet sich wie unzäh­lige Fäden zu einem Knäuel und erschwert mitunter, dem Hand­lungs­ver­lauf zu folgen.

 

Kaśka Bryla: Die Eistau­cher.
Wien/Salzburg: Resi­denz- Verlag  2022
304 Seiten
24 EUR
ISBN: 978–3‑70171 7514

 

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