Perfek­tio­nismus ade!

Ein Inter­view mit Lisa-Viktoria Niederberger

Schreib­blo­ckaden kennt nahezu jede:r, der/die sich mit dem Verfassen von Texten beschäf­tigt. Am 17. Januar 2025 bietet der BÖS einen Schreib­work­shop dazu an. Wir haben mit der Dozentin und Autorin Lisa-Viktoria Nieder­berger darüber gesprochen.

BÖS: Wie können Schreib­blo­ckaden entstehen?

Lisa-Viktoria Nieder­berger: Ich denke, Schreib­blo­ckaden entstehen größ­ten­teils aus Unsi­cher­heit. Unsi­cher­heit, weil der Schreib­auf­trag nicht klar ist. Weil ich nicht weiß, wohin sich der Text entwi­ckeln soll. Unsi­cher­heit über die eigenen Fähig­keiten, Ideen, die eigene Krea­ti­vität. Unsi­cher­heit darüber, ob der Text rele­vant genug ist, ob er mir zusteht, und viele Gründe mehr. Aber auch Unsi­cher­heit darüber, ob ich es schaffe, habe ich genug Zeit? Genug Konse­quenz? Die Ruhe, die ich brauche, die ökono­mi­sche Sicher­heit, die es mir erlaubt, mich dem Schreiben hinzu­geben? Und der letzte Grund: weil wir nie (oder nur in den aller­sel­tensten Fällen) gelernt haben, uns mit dem eigenen Schreib­pro­zess auseinanderzusetzen.

BÖS: Was kann man dagegen tun?

Lisa-Viktoria Nieder­berger: Ich denke, das Zeit- und das Sicher­heits­pro­blem sind am aller­schwersten zu lösen – und vor allem nicht im Rahmen eines Work­shops, das sind poli­ti­sche Probleme. Aber für alles andere gibt es Lösungen. Ganz oben steht für mich das Über­winden von Perfek­tio­nismus, dem Krea­ti­vi­täts­killer schlechthin. Auch wichtig: Zeit­ma­nage­ment. Wie kann ich Routinen und Systeme entwi­ckeln, die mir helfen, konse­quent an großen Schreib­pro­jekten zu arbeiten, ohne dass ich mich in ihnen verzettle oder von ihnen erschlagen fühle? Und das alles kann sehr wohl gelernt werden, zum Beispiel mit Methoden aus dem Crea­tive Writing. Und es fällt leichter, je häufiger und regel­mä­ßiger man es tut.

BÖS: Du hast selbst schon mehrere Bücher veröf­fent­licht. Welches Rezept hilft bei Dir am besten, wenn Du feststeckst?

Lisa-Viktoria Nieder­berger: Auch ich habe viele Bücher nicht fertig geschrieben. Seit einiger Zeit weiß ich, dass die Lösung für mich ist, Schreib­blo­ckaden zu bekämpfen, bevor sie entstehen. Meine Texte sind jetzt geplottet. Ich weiß die Struktur der Texte, bevor ich sie schreibe. Ich mache mir Mind-Maps zu meinen Texten oder zu einem Kapitel und vergleiche mein Manu­skript regel­mäßig damit, um sicher­zu­stellen, dass ich nichts vergesse oder den Faden verliere. Ich habe einen Schreib­plan, den ich versuche, so konse­quent wie möglich einzu­halten, und ich breche Groß­texte in so kleine Brocken wie möglich herunter. Wenn ich weiß, ich muss 250 Seiten schreiben, bekomme ich auch Panik, aber mindes­tens drei Seiten pro Tag, das krieg ich hin, ohne dass mich die Vorstel­lung stresst. Ich bespreche Szenen, die mir schwer fallen. Entweder mit einer Freundin, die mein Manu­skript gut kennt, oder mit dem Verlag bezie­hungs­weise dem/der Lektor:in. Das kann auch schon vor Abgabe sein, dafür sind die da. Und das aller­wich­tigste – und aller­schwie­rigste: Ich habe mich irgend­wann von Perfek­tio­nismus verab­schiedet. Ich gebe mein Bestes, aber mehr geht eben nicht. 

Danke für das Gespräch!

 

Der Schreib­work­shop “Schreib­blo­ckaden über­winden” findet am 17. Januar 2025 statt. Anmel­dungen bitte an office@boesmail.at